7 Todsünden.exe - ein Abschlussbericht aus dem Weltkultur-Kurs der Jahrgangsstufe 9
Nika Wojtko (Schülerin), 13. September 2025

In diesem Schuljahr hat der Unesco-Welt-Kultur-Kurs von Frau Rehmsmeier-Lampa und Herrn Corradini ein Theaterstück inszeniert zum Thema „die 7 Todsünden in der Moderne“. Die 7 Todsünden sind seit dem römisch-katholischen Katechismus unverändert geblieben. Jedoch interpretiert jede Gegenwart diese Sünden neu, so auch die Moderne.
Der Unesco-Weltkultur-Kurs befasste sich Anfang des Jahres mit diesem Thema und arbeitete sich zuerst durch Bildinterpretationen von Kunstwerken und Theaterformen unterschiedlicher Epochen ein. Anschließend erstellte jeder seine eigene Maske zu einer der 7 Todsünden, welche auch letztlich im Theaterstück ihren Platz fand. Nun war der Kurs bereit das eigene Theaterstück zu entwickeln. Man schrieb in kleineren Gruppen zu einer Todsünde eine Szene, welche dann geübt und erprobt wurde. Auf der Theaterfahrt, die der Kurs im Februar unternahm, schrieben alle zusammen weiter, lernten voneinander und inspirierten sich gegenseitig, sodass das Stück langsam zum Leben erwachte. Aber nicht nur das Stück gewann an Dynamik, nein auch der Kurs wuchs mit dem Stück immer weiter zusammen und erlebte die gemeinsam die Entstehung von Kunst.
Die Krönung fand zum Ende des Schuljahres statt, als wir in der Comedia mit unserem Stück die Kölner Schultheaterwoche eröffnen durften.
Zur Inszenierung
Die Hauptakteure sind natürlich die 7 Todsünden: Neid, Völlerei, Habgier, Wollust, Hochmut, Trägheit und Zorn. Neben ihnen spielt auch Fortuna - eine römische Göttin des Glücks, des Schicksals und des Zufalls - eine zentrale Rolle. Sie selbst kann das Leben der Menschen beeinflussen. Oft wird sie wie auch in diesem Stück mit Augenbinde und einem Füllhorn vor einem Schicksalsrad dargestellt. Blind vor dem Ansehen der Person dreht sie das Rad und entscheidet über Glück und Unglück. Da das Glück zu den höchsten Zielen des Menschen gehört, aber unvorhersehbar und wechselhaft ist, sind auch alle Todsünden ihr unterstellt und müssen sich ihr fügen.
Das Stück sollte in der Moderne spiele, so entschloss sich der Kurs, aktuelle Themen mit einzubauen. So erhielten z.B. die Konsumgesellschaft, die Medienwelt und die KI Einzug. Bis jetzt ist die KI noch ein grauer Bereich in unserem Wissen und das Stück stellt die Frage, wie sie unser Schicksal beeinflussen wird.
Prolog: Zu Beginn des Stücks sieht man alle 7 Todsünden zusammen auf der Bühne in einer Kneipe in einer allegorischen Maskentheaterszene. Auch sie sind dem Schicksalsrad der Fortuna unterworfen.
Im Hauptteil des Stücks werden Szenen zu den sieben Todsünden gespielt, die in unserer modernen Gesellschaft angesiedelt sind und aktuelle Themen und Konflikte aufgreifen:
1. Wollust
Die Szene Wollust wird in drei Szenen unterteilt, die jeweils in unterschiedlichen Zeiten spielen. Im Jahr 1500 wird die Rolle der Kirche satirisch aufs Korn genommen: In einem Gottesdienst wird unter den Augen des von Keuschheit predigenden Pfarrers ein wollüstiger Liebesbrief herumgereicht. Der Skandal bleibt von dem wachenden Auge der Kirche unbemerkt. 2025 wird die Wollust anhand des modernen Online-Datings thematisiert. Die Schauspieler/innen werden als Tinderprofile dargestellt. Die Partnerwahl erfolgt nur noch durch kurze Angaben des Profils, Gefühle werden buchstäblich weggewischt.
Die letzte Szene der Wollust spielt im Jahre 3025. In dieser Zukunft werden menschenähnliche Roboter für sexuelle Befriedigung und romantische Momente verwendet und entsprechend programmiert. Ist in der zukünftigen Welt der Roboter der bessere Partner für den Menschen?
2. Neid
In dieser Szene wird, inspiriert durch das Ballett „Schwanensee", Neid durch den Tanz von zwei
Schwänen dargestellt.
Die wie ein Märchen anmutende Geschichte vermischt durch ihre Anlage historische Darstellungen mit Zukunftsvisionen für die Gegenwart. Die gesellschaftliche Abhängigkeit der Schwäne, dargestellt durch ihren Tanz, wird durch die marionettenhafte Aufhängung an Fäden visualisiert. Der schwarze Schwan erwürgt sich selbst in seinen Neid-Fäden, während der weiße Schwan von dem Fluch befreit wird und nun lernten muss, mit seiner neu gewonnenen Freiheit umzugehen.
3. Zorn
In dieser Szene wird der Zorn durch alltägliche Situationen im Straßenverkehr herbeigeführt: Zwei zornige Autofahrer rasen aufeinander zu und provozieren die Katastrophe. In einer metaphysischen Szene begegnen sie sich im Jenseits und bekommen von einer sehr überirdischen Krankenschwester den Spiegel vorgehalten.
4. Habgier
Zwei reiche und bekannte Damen unterhalten sich bei einem Geschäftsessen über ihren wachsenden Wohlstand und ihre neueste Investition. Während des Gespräches erkennt man ihren schlechten Charakter. Denn ihr Reichtum kommt nicht aus dem Nichts. Durch die Rede eines aufkreuzenden Demonstranten wird klar, dass ihr Reichtum auf Ausbeutung von minderjährigen Arbeitern in Bangladesch gründet.
5. Völlerei
Die Völlerei wird in dieser Szene anhand des zwanghaften Medienkonsums und seinen Auswirkungen gezeigt. Durch immer übergriffigere Tipps zur Selbstoptimierung auf Social-Media von Influencern sinkt das Selbstbild des Protagonisten an den Rand der Selbstverzweiflung.
6. Trägheit
Dieser Teil des Theaterstücks ist ein zeitraffender Blick auf einen Mann, der durch äußere Umstände immer träger wurde und dem dies letztlich zum Verhängnis wird. Durch seine Trägheit verstrickt er sich zunehmend in (Selbst-)Lügen, die letztlich sein soziales Leben zerstören.
7. Hochmut
Eine Autorin lässt seinen Gedanken freien Lauf und fängt an, eine Verkörperung des Spiegelbilds der Menschheit zu schreiben. Doch die so von ihm dargestellte Wirklichkeit wird von seinem eigenen inneren Kritiker immer wieder entlarvt. Die von ihm geschaffene Figur emanzipiert sich im Laufe der Szene immer weiter von ihrer Autorin und gewinnt in ihrem Hochmut zunehmend Züge einer Person des aktuellen Zeitgeschehens, die in ihrem Größenwahn die Fantasie der Autorin bei weitem übertrifft. So ergeht es der Figur wie Ikarus, der auf seinem Flug der Sonne zu nah kam und tödlich abstürzte.
Fazit
Ich selbst hatte die Ehre, Teil dieses Kurses zu sein und konnte miterleben, wie wir aus dem Nichts ein Stück erschufen und eine kritische Sicht auf unsere Gesellschaft entwickelten. Das Stück regt dazu an, über uns und unser Handeln nachzudenken. Die Todsünden sind zwar alt, aber altern zugleich doch nie. Womöglich, weil sie Teil unseres Menschseins sind. Persönlich kann ich nur sagen, dass das Schreiben, Entwickeln und Spielen dieses Theaterstücks mich und den Kurs verändert haben. Und für diese Erfahrung sind wir sehr dankbar.