"Um das Unbegreifliche zu begreifen" und niemals zu vergessen!

Dank der Förderung durch die Stiftung „ERINNERN ERMÖGLICHEN“ reisen 20 Kölner Schülerinnen und Schüler des Hansa-Gymnasiums nach Auschwitz und in das alte Jüdische Krakau.

Begegnung mit einem Zeitzeugen

Mit gemischten Gefühlen und ohne sicher zu sein, was sie erwartet, fuhr der Leistungskurs Geschichte der Stufe Q 1 des Hansa-Gymnasiums Köln am Mittwoch, den 6. Juni 2012 am Vormittag im Bahnhof Krakau Glowny ein. Um das Ausmaß des Holocausts zu begreifen, beschäftigten sich die Schüler schon im Voraus eingehend mit dem Thema, doch erst in Auschwitz und dann auf den Spuren der alten Jüdischen Kultur in Krakau wurde ihnen die unbegreifliche Dimension deutlicher.
Im Rahmen des straffen viertägigen Programms vor Ort in Polen trafen die Schüler am Tag der Ankunft auf den polnischen Zeitzeugen Jozef Rosolowsky. Der ehemalige politische Gefangene des Konzentrationslagers Mauthausen berichtete von seinen Erfahrungen, die von der in Krakau lebenden deutschen Studentin Frau Büttner übersetzt wurden. Besonders berührend waren seine Schilderungen der Angst, des Hasses und der Irrationalität, die er erlebte. Nicht nur von Seiten der SS, sondern auch unter den Häftlingen, vor allem den „Kapos“, wäre die Brutalität erschreckend gewesen. Trotzdem nennt er neben seinem immerwährenden Lebenswillen auch die Hilfe seiner Mithäftlinge als Hauptgrund für sein Überleben in dieser Zeit der zermürbenden Angst. Auf die Schülerfrage hin, ob es ihm schwer falle, mit deutschen Schülern zu sprechen, betonte er, dass die heutige Generation keine Schuld treffe und appellierte an seine Zuhörer, einander zu vergeben, aber niemals das Geschehene zu vergessen. So würde auch er niemals den Hass vergessen, der die Spirale der irrationalen Gewalt verursacht und genährt hätte.

Trefffen mit Jozef Rosolowsky

Besichtigung des Stammlagers und des Vernichtungslagers

Gedenken am weißen Haus

Weniger erschreckend als befürchtet war die Führung durch das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Das sonnige Wetter und die zeitweilig idyllisch anmutende Landschaft mit ihrer schönen Vegetation machten es schwer, sich die grausamen Taten, die hier vor 70 Jahren geschahen, wirklich bewusst zu machen. Gerade deshalb waren die Orte besonders berührend, an denen persönliche Gegenstände wie Koffer, Schuhe oder persönlich Familienfotos der Häftlinge zu sehen waren. Die etwa sechsstündige Führung ließ nur wenig Zeit, auf die eigenen Gefühlsimpulse einzugehen. Ein besonderer Moment der Stille und des Gedenkens war die Niederlegung eines selbstbearbeiteten alten Steines aus dem Keller des über hundert Jahre alten Hansa-Gymnasiums. Einige Schülerinnen und Schüler haben diesen Stein dort gefunden und anschließend bearbeitet. Die Aufschrift lautet: „Um das Unbegreifliche zu begreifen“. Am Nachmittag wurde er am sogenannten „Weißen Haus“ neben einer alten Gedenkplatte aufgestellt, an einem Ort im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, der Schauplatz erster Versuche der Ermordung von Menschen unter Anwendung von „Zyklon-B“ war. Die wenigsten Besucher finden den Weg zu diesem entlegenen Ort.
Die Verarbeitung der im Stammlager I und im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gemachten Erfahrungen und Informationen fand an den Folgetagen in langen privaten sowie von den Lehrern angeleiteten Gesprächen der Schülerinnen und Schüler statt.

Die Rampe - hier fanden die Selektionen statt

Das jüdische Krakau

Der Besuch des alten Jüdischen Kazimierz und dem von der SS eingerichteten Ghetto in Krakau machten den Kölner Schülerinnen und Schülern das Ausmaß des Holocaust unter dem Hinweis auf jüdische Kultur noch deutlicher. So wurde ihnen klar, dass die Ermordung der Juden in den Gaskammern der Konzentrations- und Vernichtungslager und die anschließende von den jüdischen Sonderkommandos durchgeführte Verbrennung der Leichen für den für den gläubigen Juden einem „zweiten Tod“ gleich kam. Die Führung durch Kazimierz veranschaulichte der Gruppe aber auch, dass die jüdische Bevölkerung aus ihrem angestammten Platz in der Gesamtbevölkerung herausgerissen wurde und die in Jahrhunderten gewachsene Jüdische Kultur in Krakau für immer verloren ist und nur noch musealen Charakter hat.
Wie sich der Prozess der Zerstörung jüdischen Lebens bis hin zum Holocaust stufenweise vollzog, zeigte die Ausstellung "Krakau zur Zeit der Okkupation" in der ehemaligen Fabrik Oskar Schindlers, die fast zeitgleich auch von einigen Spielern und ihren Betreuern der Englischen Fussball-Nationalmannschaft in diesen ersten Tagen der Fussball-Europameisterschaft besucht wurde.

Was bleibt?

Alle Schülerinnen und Schüler, die von ihrem Geschichtslehrer Norbert Grümme sowie dem Englischlehrer Tobias Kunkemöller begleitet wurden, haben diese Studienfahrt als sehr bedeutsame und prägende Erfahrung wahrgenommen. Die großzügige finanzielle Unterstützung der Stiftung „ERINNERN ERMÖGLICHEN“ hat diese Erfahrungen für viele Schülerinnen und Schüler überhaupt erst ermöglicht. Alle Teilnehmer sind sich einig, dass die Verarbeitung der vielfältigen Erlebnisse einen längeren Prozess nach sich ziehen wird und der Holocaust niemals in Vergessenheit geraten darf.
Pauline Klaßen, Karoline Wegener (Stufe Q2)

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